Erster Teil der Reise vollbracht
- Michael Krüger
- 14. Juli 2021
- 4 Min. Lesezeit
Es war ein langer Weg von Wismar nach Nord-Osten und auch ein schwieriger.
21.6.2021
Nach kleinen Startschwierigkeiten gerieten wir in der Lübecker Bucht in die erste Flaute und haderten bereits mit dem Schicksal. Doch nach einigen Stunden des Herumdümpelns, in denen wir so gut wie jedes andere Schiff aus den Augen verloren haben, kam dann der Wind zurück und es wurde eine zügige Fahrt Richtung Rügen.

Und so langsam schoben wir uns wieder an das Feld der vor uns liegenden Segler heran und an dem einen oder anderen vorbei. Glücksgefühle. Immer nahe an den 7 kn Fahrt, viel Bewegung im Schiff, die das Schlafen nahezu unmöglich machten. So haben wir die erste Nacht gut überstanden. Weiter ging es zügig nach Norden, jetzt Richtung Schweden. Karlskrona sollte der nächste Anlaufpunkt werden. Doch dann liess der Wind mehr und mehr nach und wir kämpften uns mühselig voran. Östlich von Öland war dann Schluß: Flaute. Hin und wieder ein Lufthauch, der uns hoffen ließ. Diese zweite Nacht war zermürbend. Am dritten Tag keine Änderung. Es ging nicht voran. Langsam wurde uns klar, dass wir so den engen Zeitplan nicht einhalten könnten.
Wir diskutierten einen Abbruch der Regatta und Dieter traf dann die Entscheidung vorzeitig auszusteigen. Also ging es (unter Motor) nach Byxelkrok an der Nord-West-Ecke von Öland. Endlich mal schlafen. Am nächsten Morgen hieß es dann Abschied nehmen. Ich startete unter Segeln wieder nach Norden und kam anfangs auch gut voran, immer parallel zur Westküste Gotlands. Nachmittags dann wieder Flaute. Stundenlanges Treiben Richtung Festland und kein Ende in Sicht. Die Vorhersagen düster.
So habe ich dann am nächsten Tag die endgültige Entscheidung getroffen abzubrechen und das eigentliche Ziel der Reise: Höga Küsta anzusteuern.
Es war eine Erleichterung bei der beharrlichen Flaute den Motor anzuwerfen und in den Stockholmer Schärengarten einzutauchen. Nachmittags hatte ich dann endlich ein schönes Plätzchen gefunden: Ingmarsö. Eine kleine Marina, aber gerade genügend Platz, um mit der ANCO längsseits gehen zu können. Duschen, schlafen, gut essen gehen und wieder schlafen.
Am nächsten Morgen ging es dann weiter durch den Schärengarten nach Norden, zu einem ruhigen Ankerplatz südlich von Öregrund. Fühle mich wie in der Wildnis. Keine Menschenseele weit und breit. Eigentlich erwarte ich zumindest einen Elch, der aus der Uferböschung tritt, aber muss mich dann doch mit Vogelzwitschern begnügen. Auch gut. Ein Sprung ins Wasser, danach Decksdusche, Abendessen, schlafen.
29.6.2021
Der neunte Tag auf See. Vom Ankerplatz nach Öregrund, Frischwasser bunker. Dann bei Flaute raus auf die Ostsee und dann kam der Wind. Rauschefahrt nach Norden. Anfangs Bft 3-4, später dann auf Bft 6 zunehmend. Zum Abend nach Axmar Brygga eingelaufen durch ein Meer kleiner Inseln und Felsen. Beim Anlegen am Pier im Schlamm stecken geblieben, aber mit eigener Kraft wieder freigekommen. Kaum festgemacht, setzte sintflutartiger Regen ein. - Glück gehabt!
Krabben im Restaurant, gemütlich im Salon gelesen. Früh ins Bett.
30.6.2021
Kaum aus den Schären heraus hatte ich eine steile kurze Welle und Wind Stärke 6-7 gegenan. Harte Bedingungen! Nach 4 h habe ich aufgegeben und Zuflucht in Ljusne gesucht. Da gibt es zwar keinen geeigneten Hafen für die ANCO, aber ich durfte an der Lostenstation längsseits gehen und die freundlichen Lotsen ließen mich eine Nacht dort liegen. Herzlichen Dank.

1.7.2021
Aufbruch um Mitternacht. Es ist nahezu taghell. Wettervorhersage: Nord 1-2. Also genau gegena. Der Wellengang hat sich wieder beruhig. Wunderbares Wetter. Ich halte mich in Küstennähe, um im Wellenschutz der Inseln fahren zu können. Das funktioniert bestens und ich fahre mit 5 kn durch den Tag. Wind? Fehlanzeige, aber daran habe ich mich inzwischen gewöhnt :-)
Es geht an Söderhamn vorbei, dann Hudiksvall, Sundsvall. Ich will den Tag so gut wie es geht nutzen um Strecke zu machen. Nach knapp 100 sm kann ich nicht mehr und fahre nach Härnösand. Kurz vor der Ankunft in der Marina noch einmal Herzrasen. Da hängt ein Hochspannungskabel über dem Fjord. Die Karte sagt: 20m aber man solle das noch einmal checken. Langsam fahre ich heran und da steht tatsächlich auch 20m am Strommast. Dennoch fahre ich soweit wie möglich am Ufer, das Kabel hängt ja in der Mitte am stärksten durch ... und prompt hänge ich im Schlick fest. Ordentlich Gas voraus! Wieder frei! Nach 22h Fahrt brauchte ich das nicht wirklich, aber dann bin ich auch schon in der Marina. Ein freundlicher Stegnachbar hilft mir beim rückwärts einparken und nimmt die Leinen an. Das ist bei Solosegeln immer etwas schwierig. Aber alles gut! Anlegen, Duschen, kurzer Spaziergang in die Stadt, aber es ist so ziemlich alles geschlossen um 22:00 Uhr.
2.7.2021
Die letzte Etappe zur Höga Kusten. Es herrscht zwar immer noch Flaute oder doch so wenig Wind, dass ich Stunden mehr bräuchte um am geplanten Ziel anzukommen. Also gehts unter Maschine nach Norden und dann hinein in die der Küste vorgelagerten Inseln. Was für eine Natur. Felswände, bewaldete Hügel, viel Wasser, es ist alles viel größer als ich es mir vorgestellt hatte. Als ich mich durch die Fjorde auf Docksta zu schlängele, fällt die Anspannung der letzten 10 Tage von mir ab. Ich bin froh und glücklich das eigentliche Ziel dieser Reise erreicht zu haben. Dass ich die MidsummerSail abgebrochen habe, ist nicht dramatisch. Wäre sicherlich nett gewesen auch die Ankunft in Töre noch mitzunehmen, aber das hätte bedeutet mindestens 1 Woche länger unterwegs zu sein. Und in Berlin wartet Arbeit!
Tommaso, Anna und Michele von www.dockstahavet.se erwarten mich an dem neu fertig gestellten Steg. Was für ein Willkommen nach der Zeit allein unterwegs!
Ich verbringe den restlichen Tag mit Aufräumen, Putzen, Erholen, einem letzten Abend an Bord, bevor mich Tommaso am nächsten Morgen die 90 km nach Sundsvall zum Bahnhof bringt. Unglaubliche Gastfreundlichkeit. Ich habe die richtige Entscheidung getroffen die ANCO für die nächsten Wochen hierher zu legen. Tommaso wird gut aufpassen.
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